Juni 27, 2019

Susie Hirsch

Mutig in die neuen Zeiten

Fundraising

Sabine Haag ist bekannt für ihren unermüdlichen Einsatz für die Weiterentwicklung des Kunsthistorischen Museums Wien. Mit ihrer konsequenten und kreativen Arbeit im Fundraising hat sie zusätzliche finanzielle Mittel gesichert und damit die Zukunft des Museums nachhaltig mitgestaltet. Ein Interview über Erfolge und Herausforderungen.

Ihre Amtszeit als Direktorin des Kunsthistorischen Museums Wien neigt sich dem Ende zu. Ein Blick zurück: Worauf sind Sie besonders stolz? Was waren Ihre prägendsten Entscheidungen?

Seit meinem Amtsantritt ist „Öffnen und Eröffnen“ ein Leitgedanke von mir. Das erste Großprojekt im KHM-Museumsverband war 2013 die Neuaufstellung und Wiedereröffnung der Kunstkammer, die vorher fast zehn Jahre geschlossen war und die sich weltweit einzigartig nennen darf. Mit der Eröffnung des Weltmuseums Wien im Oktober 2017 sind nun alle Standorte des KHM-Museumsverbands für BesucherInnen geöffnet.

Eine weitere wichtige Entscheidung war es, das Fundraising zu etablieren. Seit 2009 hat der KHM-Museumsverband mehr als 13 Millionen Euro in den Bereichen Sponsoring und Spenden eingenommen. Über die Jahre konnte das Sponsoring- bzw. Spendenvolumen gegenüber 2009 verdoppelt werden und 2017 konnten wir die Erlössumme beinahe verdreifachen. Ich bin heute stolz auf unsere langfristigen Partnerschaften, die auf gegenseitigem Vertrauen und Begegnung auf Augenhöhe basieren. Der Aufbau eines loyalen und internationalen Förder- und Unterstützerkreises ist mir besonders wichtig.

Und natürlich freue ich mich über wichtige Ausstellungsprojekte – um nur einige hervorzuheben: die Burgunderausstellung „Karl der Kühne“ 2009, Lucian Freud 2013 erstmals in Österreich, die große Velázques-Ausstellung 2013 und der große Höhepunkt mit der Brueghel-Ausstellung heuer im Herbst. International konnten wir mit unserer USA-Tournee „Habsburg Splendor“ 2015 das amerikanische Publikum mit den Highlights unserer Sammlungen begeistern.

Sie wurden besonders auch für Ihre Arbeit zur Finanzierung des Museums gelobt – das Öffnen neuer Werbekanäle und das Generieren zusätzlicher Finanzierungsquellen. Was war Ihre Motivation und wie sind Sie die Sache angegangen?

Mein Herzensprojekt war die Wiedereröffnung der Kunstkammer, also die damals seit mehr als zehn Jahren geschlossene, weltweit einzigartige Kunstkammer-Sammlung wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei einer Projektsumme von 17 Mio. Euro forderte das Ministerium 3,5 Mio. Euro an Eigenakquise mittels Sponsorengeldern ein.

Es ist uns damals mit der großen Kunstkammer-Kampagne und den Goldhelmen erstmals in Österreich gelungen, ein größeres öffentliches Bewusstsein für das Thema Kulturfundraising zu schaffen. Gleichzeitig konnten wir verschiedenste neue Formate etablieren. Bis heute prägen die Fahrradfahrer mit den Goldhelmen das Wiener Stadtbild.

Vergangenen Oktober wurden Sie als „Fundraiserin des Jahres“ ausgezeichnet. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie persönlich?

Es freut mich und mein Team sehr, dass unsere Arbeit ausgezeichnet wurde und ich bin stolz auf unseren Beitrag.

Worin sehen Sie die größten Herausforderungen, denen sich Kulturinstitutionen in den nächsten Jahren stellen müssen und wie können sie diesen am Besten begegnen?

Neben der staatlichen Basisfinanzierung gewinnt der Einsatz von privaten Mitteln auch in Einrichtungen aus dem Kultur-, Forschungs- und Wissenschaftsbereich immer mehr an Bedeutung. Gesetzliche Änderungen bei der Spendenabsetzbarkeit und auch im Stiftungswesen tragen zu dieser Entwicklung bei. Insgesamt erwarten wir ein Wachstum in diesem Bereich, gleichzeitig steigt aber auch die Zahl der Institutionen, die professionelles Fundraising betreiben.

Wie sollten wir diesen Herausforderungen begegnen? Mit Kreativität, Konsequenz und Kompetenz!

Stichwort „Beziehungspflege/Kundenbindung“ – wo können Kulturinstitutionen von der Privatwirtschaft lernen, worin unterscheiden sie sich?

Unsere Fundraising-Arbeit zielt auf eine langfristige Bindung mit unseren Unterstützern ab. Unsere Angebote für Sponsoren und Unterstützer sind daher immer sehr individuell und die jeweiligen Pakete maßgeschneidert. Ich bin davon überzeugt, dass das persönliche Engagement und die Qualität unserer Angebote jenes Vertrauen schaffen, um langfristige Partner zu gewinnen.

Natürlich lernen wir sehr viel von der Privatwirtschaft und hier vor allem von unseren Sponsoring- und Kooperationspartnern – generell sowie auch bei konkreten Projekten. Viele österreichische Unternehmen arbeiten hoch professionell, sind für neue Wege im Bereich Networking, Imagepflege, Werbung, Kommunikation offen. 

Natürlich stehen wir im Kultursektor aber auch vor spezifischen Herausforderungen: Im KHM Museumsverband steht nicht der Profit im Vordergrund, sondern das Bewahren des kulturellen Erbes Österreichs und Europas für zukünftige Generationen. Auch möchten wir Veränderungen von nachteiligen Situationen herbeiführen, beispielsweise die Öffnung einer geschlossenen Sammlung, die Restaurierung wertvoller Objekte oder der Ausbau des Vermittlungsangebotes für BesucherInnen. Im Gegensatz zu den meisten Unternehmen haben wir es hier mit sehr verschiedenen „Zielgruppen“ und Stakeholdern zu tun  – Politik, Öffentlichkeit, Sponsoren, Spendern, Kooperationspartnern, anderen Kultureinrichtungen etc..

Wo sehen Sie Vorbilder in Sachen Kulturfinanzierung und warum?

In den USA – vor allem in Hinblick auf die „Kultur des Gebens“ und des freiwilligen Engagements. Der angloamerikanische Raum blickt auf eine sehr lange und hoch entwickelte Kultur des freiwilligen Engagements und des Spendens zurück. Das betrifft auch die Wertschätzung des Engagements an sich sowie das Selbstverständnis dafür. Auch im Bereich Major Donor Fundraising für kulturelle Anliegen sind die USA ganz klar ein Vorbild.

Danke für das Gespräch.

(Interview erstmals erschienen in OPEN MIND 1/18)

Sabine Haag, seit 2009 Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums Wien, ist es seit jeher ein zentrales Anliegen, neue Werbekanäle zu öffnen und zusätzliche Finanzierungsquellen für das Museum zu generieren. Dazu unterstützte sie die Umsetzung ausgesprochen vielfältiger, innovativer sowie kreativer Fundraising-Methoden. Aber auch selbst war sie engagiert im Einsatz, Menschen zur Unterstützung zu begeistern und motivieren. So ist es ihr gelungen, erfolgreich private Fördermittel zu akquirieren. Diese ermöglichten Projekte wie die Kunstkammer-Wiedereröffnung oder sehbehinderten Menschen den Zugang zu Kunst zu erleichtern. Für ihr Engagement wurde sie 2017 vom FVA als Fundraiserin des Jahres ausgezeichnet.

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